Preisgebundener Wohnraum: Einseitiger Mietzuschlag bei unwirksamer Schönheitsreparaturklausel ist möglich
BGH 20.9.2017, VIII ZR 250/16
Der Vermieter preisgebundenen Wohnraums ist grundsätzlich nicht gehindert, gem. § 10 Abs. 1 S. 1 WoBindG die Kostenmiete einseitig um den Zuschlag nach § 28 Abs. 4 S. 2 II. BV zu erhöhen, wenn sich die im Mietvertrag enthaltene Formularklausel über die Abwälzung der Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen auf den Mieter gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters als unwirksam erweist. Er ist dann auch nicht verpflichtet, dem Mieter vor dem Erhöhungsverlangen eine wirksame Abwälzungsklausel anzubieten oder ein entsprechendes Angebot des Mieters anzunehmen.
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist seit 1988 Mieter einer Wohnung der Beklagten in Wiesbaden. Die Wohnung wurde mit öffentlichen Fördergeldern errichtet und unterliegt dem Wohnungsbindungsgesetz. Der Mietvertrag enthält eine unwirksame Klausel zu Schönheitsreparaturen. Mit Schreiben ihrer Hausverwaltung aus Februar 2014 begehrten die Beklagten vom Kläger eine Mieterhöhung, mit der sie unter Hinweis auf § 28 Abs. 4 der Zweiten Berechnungsverordnung (II. BV) jährliche Kosten für Schönheitsreparaturen i.H.v. 10,32 € je qm verlangten. Der Kläger zahlte – nach Verrechnung mit einem Betriebskostenguthaben – die sich hieraus ergebende erhöhte Monatsmiete nur unter dem Vorbehalt der Rückforderung an die Beklagten, weil er diese für verpflichtet hielt, ihm eine kostengünstige Selbstvornahme der Schönheitsreparaturen zu ermöglichen.
Die auf Rückzahlung der unter Vorbehalt geleisteten Zuschläge i.H.v. rund 670 € nebst Zinsen gerichtete Klage blieb vor dem AG und dem LG erfolglos. Auch mit seiner Revision vor dem BGH ist der Kläger letztlich gescheitert.
Gründe:
Dem Kläger steht ein Rückforderungsanspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB im Hinblick auf die monatlich gezahlten Pauschalen für Schönheitsreparaturkosten nicht zu. Diese Zahlungen sind nämlich mit Rechtsgrund geleistet worden, da die Beklagten berechtigt waren, die Kostenmiete nach § 10 Abs. 1 S. 1 WoBindG, wie geschehen, zu erhöhen. Insbesondere war das Erhöhungsverlangen nicht treuwidrig. Die Beklagten waren weder gehalten, dem Kläger vor der Erhöhung der Kostenmiete eine Vertragsgestaltung anzubieten, die es ihm ermöglicht hätte, Schönheitsreparaturen selbst vorzunehmen oder durch von ihm beauftragte Dritte vornehmen zu lassen, noch waren sie verpflichtet, ein hierauf im Verlauf des Rechtsstreits gerichtetes Angebot des Klägers zur Vertragsänderung anzunehmen.
Der Vermieter preisgebundenen Wohnraums ist grundsätzlich nicht gehindert, gem. § 10 Abs. 1 S. 1 WoBindG die Kostenmiete einseitig um den Zuschlag nach § 28 Abs. 4 S. 2 II. BV zu erhöhen, wenn sich die im Mietvertrag enthaltene Formularklausel über die Abwälzung der Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen auf den Mieter gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters als unwirksam erweist. Die Formularklausel beschäftigt sich nur mit der Abwälzung der Pflicht zur Ausführung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter und enthält keinen Hinweis auf einen anderenfalls möglichen Zuschlag zur Miete für die Kosten der Schönheitsreparaturen. Auch sonst ist nichts dafür vorgetragen oder ersichtlich, dass die Parteien mit der formularmäßigen Abwälzungsklausel den Zweck verfolgten, dem Kläger eine kostengünstige Renovierung in Eigenleistung zu ermöglichen und auf diese Weise die gegebenenfalls höhere finanzielle Belastung durch den bei preisgebundenem Wohnraum zulässigen Mietzuschlag für die Schönheitsreparaturen zu vermeiden.
Auch eine Verpflichtung des Vermieters, dem Mieter anstelle der unwirksamen Formularklausel im Wege der Individualvereinbarung eine wirksame Abwälzungsklausel anzubieten, lässt sich weder aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) noch aus dem allgemeinen Rücksichtnahmegebot (§ 241 S. 2 BGB) herleiten. Hiergegen spricht schon der Umstand, dass für den mit einer solchen Forderung konfrontierten Vermieter unklar bliebe, welchen Inhalt seine Verpflichtung, eine „wirksame Klausel“ anzubieten, konkret haben sollte, insbesondere ob sie nach Maßgabe einer an sich verbotenen geltungserhaltenden Reduktion auf das gerade noch zulässige Maß hinausliefe oder ob weitergehende Rücksichten zu nehmen wären. Gleiches hätte für die Frage zu gelten, ob solche Änderungen abweichend von § 306 Abs. 1, 2 BGB nur für die Zukunft oder aber rückwirkend ab Vertragsschluss zu gelten hätten.
Quelle: BGH online

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