AG Bad Iburg v. 22.20.2020, 4 C 404/20 u.a.

Nach § 651h Abs. 5 BGB muss der Reiseveranstalter Anzahlungen in Fällen, in den ein Reisender kostenfrei von seiner Pauschalreise zurücktreten kann, unverzüglich, spätestens innerhalb von 14 Tagen nach dem Rücktritt/der Stornierung zurückerstatten. Kommt er der Aufforderung nicht nach, befindet er sich ab dem 15. Tag in Verzug und ist dem Reisenden zum Schadensersatz verpflichtet. Dies können auch die Anwaltskosten der Reisenden sein.

Der Sachverhalt:
Der Beklagt ist ein Reiseveranstalter, der mit 17 Schiffen weltweit Kreuzfahrten anbietet. Aufgrund der Corona-Pandemie musste er zeitweise seine gesamte Flotte stilllegen. 1,5 Millionen Passagiere waren davon betroffen. Mit der seinerzeit verfügbaren Personaldecke hätten sämtliche 1,5 Millionen Erstattungsvorgänge erst nach 4-6 Monaten abgearbeitet werden können.

Auch die von den Klägern gebuchten und bereits vollständig bezahlten Kreuzfahrten musste der Beklagte infolge der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden Reisebeschränkungen absagen. Beide Kläger verlangten die Rückzahlung des Reisepreises, eine Gutscheinlösung (Erstattung des Preises in Form von Gutscheinen) lehnten sie ausdrücklich ab.

Da das Reiseunternehmen auf die Rückforderungsverlangen nicht reagiert hatte, zogen die Kläger zur Durchsetzung der Rückzahlungsansprüche vor Gericht. Kurze Zeit später reagierte der Kreuzfahrtveranstalter und erstattete den Reisepreis. Daraufhin verlangten die Kläger Ersatz der ihnen entstandenen Rechtsanwaltskosten. Das AG gab den Klagen statt.

Die Gründe:
Die Kläger haben gegen den Beklagten einen Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten. Das Unternehmen befand sich mit der Rückzahlung des Reisepreises in Verzug und ist deshalb verpflichtet, den Klägern die durch den Verzug entstandenen Schäden, also auch die Rechtsanwaltskosten zu ersetzen.

Gem. § 651h Abs. 5 BGB ist ein Reiseveranstalter, der keinen Anspruch auf Stornogebühren hat, verpflichtet, den Reisepreis unverzüglich, auf jeden Fall aber innerhalb von 14 Tagen nach dem Rücktritt, zurückzuzahlen. Diese gesetzliche Regelung gilt auch in der aktuellen Pandemiesituation und zwar auch dann, wenn ein Reiseveranstalter personell tatsächlich überlastet ist. Maßgeblich ist hierbei der Rechtsgrundsatz, dass man für Geldmangel einzustehen hat, ohne dass es auf ein persönliches Verschulden ankommt („Geld hat man zu haben!“).

Auch wenn der Gesetzgeber bei der Einführung der kurzen Fristsetzung in § 651 h BGB den Fall umfassender Reiseabsagen aufgrund einer Pandemie möglicherweise nicht berücksichtigt hat und der der Beklagte aus personaltechnischen Gründen tatsächlich nicht in der Lage war, die kurze Frist einzuhalten, hat dies nicht zur Folge, dass die Beklagte auf unbestimmte Zeit nicht zur Zahlung verpflichtet ist. Denn die gesetzlichen Regelungen, insbesondere speziell zum Reiserecht in § 6 Art. 240 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB – „Vertragsrechtliche Regelungen aus Anlass der COVID-19-Pandemie“) sowie zum Schutz der Verbraucher in § 1 Art. 40 EGBGB, zeigen, dass der Gesetzgeber bewusst keine weitergehenden Regelungen zum Schutz der (Reise-) Unternehmen getroffen hat, sodass mangels Regelungslücke nicht gegen den Gesetzeswortlaut entschieden werden kann.

Im Übrigen mussten sich die Kläger auch nicht mit Gutscheinen zufriedengeben. Zwar wurde mittlerweile die sog. Gutscheinlösung durch den Gesetzgeber beschlossen. Es handelt sich dabei aber um eine Regelung auf freiwilliger Basis. Der Reisende kann einen Gutschein (ohne Angabe von Gründen) ablehnen und – sofortige – Zahlung verlangen.

Quelle: AG Bad Iburg Pressemitteilung vom 29.1.2020

Rechtsanwalt in Detmold

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