GH 7.12.2011, VIII ZR 206/10
Zur erneuten Leistung einer Kaution durch den Mieter bei Vermieterwechsel
Grundsätzlich besteht kein Anspruch des Erwerbers gegen den Mieter auf erneute Leistung einer im Mietvertrag vereinbarten Kaution, wenn der Mieter die Kaution bereits an den Voreigentümer als früheren Vermieter geleistet hat. Allerdings kann den Mieter aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine entsprechende Verpflichtung treffen, wenn die Übertragung der persönlich für den Alteigentümer bestellten Sicherheit faktisch nur mit einer Mitwirkungshandlung des Mieters zu bewirken ist.
Der Sachverhalt:
Der Beklagte mietete mit Vertrag von September 1991 von der Rechtsvorgängerin der Klägerin eine Wohnung in Berlin. Er verpflichtete sich in der \“Ergänzungsvereinbarung zum Mietvertrag\“ von Juni 2000 zur Gewährung einer Sicherheit \“für alle Ansprüche des Vermieters gegen den Mieter\“ i.H.v. 1.670 DM. Im August 2000 eröffnete der Beklagte bei einer Sparkasse ein Kautionskonto mit einem Guthaben von 1.670 DM (853,86 €) und verpfändete dieses zugunsten der Rechtsvorgängerin der Klägerin.
Die Klägerin kaufte das Grundstück und wurde im März 2008 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Im Kaufvertrag ist geregelt, dass der Verkäufer dem Käufer die von dem jeweiligen Mieter geleistete Sicherheit einschließlich Zinsen zu übertragen hat. Weiter heißt es dort u.a.: \“Der Verkäufer hat den jeweiligen Mieter/Pächter unverzüglich, spätestens jedoch binnen 14 Tagen nach Beurkundung dieses Vertrages schriftlich vom Verkauf zu unterrichten und dessen schriftliche Zustimmung zur Übertragung der Sicherheit einzuholen.\“ Der Beklagte wurde aufgefordert, der Übertragung der Kaution auf die Klägerin zuzustimmen, gab jedoch keine Zustimmungserklärung ab.
Daraufhin erklärte die Hausverwaltung der Rechtsvorgängerin der Klägerin gegenüber dem Beklagten im Juni 2008 mit Zustimmung der Klägerin zur Vorlage bei dessen Kreditinstitut die Freigabe der Kaution. Die Klägerin wandte sich mit Schreiben von Juli 2008 an den Beklagten und forderte diesen unter Bezugnahme auf die Vereinbarung von Juni 2000 auf, den Kautionsbetrag bis zum 27.8.2008 auf ein Konto der Klägerin zu überweisen. Nach Mahnung der Klägerin im Dezember 2008 verweigerte der Beklagte die Leistung einer neuen Kaution an die Klägerin mit der Begründung, der Voreigentümer habe mit der Freigabe der Kaution auf die Stellung der Kaution verzichtet.
Das AG wies die auf Leistung der Kaution gerichtete Klage ab. Das LG gab ihr statt. Die Revision des Beklagten hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das LG hat mit Recht angenommen, dass die Klägerin gegen den Beklagten Anspruch auf Leistung der in der Ergänzungsvereinbarung zum Mietvertrag von Juni 2000 vereinbarten Kaution hat.
Grundsätzlich besteht kein Anspruch des Erwerbers gegen den Mieter auf erneute Leistung einer im Mietvertrag vereinbarten Kaution, wenn der Mieter die Kaution bereits an den Voreigentümer als früheren Vermieter geleistet hat. Mit der Erfüllung des Anspruchs auf Leistung der Kaution erlischt dieser Anspruch (§ 362 BGB). Auch ist der Mieter grundsätzlich nicht verpflichtet, der Übertragung der Kaution auf den Erwerber zuzustimmen. Denn einer solchen Zustimmung des Mieters bedarf es in der Regel nicht, weil der Erwerber kraft Gesetzes in die Rechte und Pflichten aus der Kaution eintritt (§ 566a S. 1 BGB).
Von diesen Grundsätzen ist auch das LG ausgegangen. Es hat aber aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Falles rechtsfehlerfrei eine Verpflichtung des Beklagten bejaht, die in der Vereinbarung von Juni 2000 vereinbarte Kaution erneut – nunmehr an die Klägerin – zu leisten. Dazu war der Beklagte nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verpflichtet, weil er einer Übertragung der gegenüber der Rechtsvorgängerin der Klägerin abgegebenen Verpfändungserklärung auf die Klägerin nicht zugestimmt hatte und daraufhin die Kaution zurückerhalten hatte, ohne dass darin ein Verzicht der Klägerin auf die Kaution gesehen werden konnte.
Die Kaution war in der Weise geleistet worden, dass der Beklagte die Verpflichtungserklärung nur zugunsten der Voreigentümerin persönlich abgegeben hatte und deshalb die am Mietverhältnis nicht beteiligte Bank nicht ohne Zustimmung des verpfändenden Beklagten zur Auszahlung des Sparguthabens an die Klägerin als neue Eigentümerin verpflichtet war. Aus diesen Umständen hat das LG mit Recht hergeleitet, dass der Beklagte jedenfalls nach Treu und Glauben verpflichtet war, der Übertragung der Kaution auf die Klägerin als neue Pfandgläubigerin zuzustimmen, weil die Übertragung der persönlich für den Alteigentümer bestellten Sicherheit faktisch nur mit einer Mitwirkungshandlung des Beklagten zu bewirken war.
Die Revision meint dagegen, eine Zustimmung zur Übertragung des verpfändeten Kautionsguthabens auf die Klägerin als neue Pfandgläubigerin sei dem Beklagten nicht zumutbar gewesen, weil er in diesem Fall die Voreigentümerin und ursprüngliche Vermieterin als (subsidiäre) Schuldnerin verloren hätte oder seine Zustimmung jedenfalls als Verzicht auf die subsidiäre Haftung des Veräußerers nach § 566a S. 2 BGB hätte ausgelegt werden können. Das trifft nicht zu. Mit einer Zustimmung des Mieters zur Übertragung der Kaution auf den Erwerber bestätigt der Mieter nur das, was gem. § 566a S. 1 BGB ohnehin kraft Gesetzes gilt. Daraus ist kein Verzicht des Mieters auf seine Rechte aus § 566a S. 2 BGB gegen den ursprünglichen Eigentümer herzuleiten.
Quelle: BGH online